Sonntag, 30. September 2007

Schlimmste Reaktorkatastrophe aller Zeiten

Die Nuklearkatastrophe von Majak stellt Tschernobyl locker in den Schatten. Noch nie davon gehört? Kein Wunder: die Russen hielten das Unglück jahrzehntelang geheim.


Mehrere hundert Menschen haben in der russischen Stadt Tscheljabinsk im Ural an eine Atomkatastrophe vor genau 50 Jahren in einer nahegelegenen Atomanlage erinnert. In der seinerzeitigen sowjetischen Atomwaffenfabrik Majak war es am 29. September 1957 zu einer schweren Explosion gekommen, in deren Folge
23 000 Quadratkilometer Fläche kontaminiert wurden. 10 000 Bewohner benachbarter Regionen mussten damals ihre Häuser verlassen.

Einige Details der Katastrophe wurden erstmals 1989 im Zuge der Politik der Offenheit (Glasnost) des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow öffentlich gemacht. Inzwischen kam auch heraus, dass bei der Planung elementare Sicherheitsvorschriften ausser Acht gelassen wurden. So leitete man beispielsweise das Wasser des Flusses Tetscha direkt zur Kühlung durch den Reaktorkern, um es danach hochkontaminiert zurückzuleiten. Der Fluss war die Grundwasserquelle für 120 000 Menschen und verstrahlte die ganze Region.



Am 29. September 1957 ereignete sich dann der «Kyschtym-Unfall», der sich heute zum 50. Mal jährt. Wegen fehlerhafter Lagerung explodierten Tanks mit langsam zerfallenden und stark strahlenden Isotopen. Die Explosion war noch hunderte Kilometer weit entfernt zu sehen. Die Zeitungen berichteten von starkem Wetterleuchten und Nordlichtern. Eine radioaktive Wolke zog Hunderte Kilometer weit und verstrahlte ein Gebiet von
23 000 Quadratkilometern extrem stark. Die ausgetretene Gesamtstrahlung übertrifft diejenige in Tschernobyl um das Doppelte bis das Sechsfache.

Die Folgen für die örtliche Bevölkerung sind aber bis heute noch weitgehend unbekannt. Die Tumorraten bei einigen hundert Menschen in zwei Ortschaften am Rande des evakuierten Gebiets sind nach Angaben von Greenpeace Russland fünf Mal höher als die Norm. Anwohner berichteten von Babys deren Missbildungen derart stark seien dass sie bei der Geburt wie Fische aussähen. Wie nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine 1986 wurden auch damals junge Männer, darunter Soldaten und Studenten, zu Reinigungsarbeiten nach der Explosion in das Unglücksgebiet geschickt und radioaktiver Strahlung ausgesetzt.

Majak ist heute die grösste russische Wiederaufarbeitungsanlage und der weltweit grösste (bekannte) Nuklearkomplex überhaupt. Die in Tscheljabinsk zusammengekommenen Umweltaktivisten forderten bei einer Demonstration die Einstellung des Betriebs in der Anlage, wie Greenpeace Russland auf seiner Website mitteilte. Im vergangenen Jahr hatte sich auch der Umweltausschuss des russischen Parlaments für eine Schrittweise Schliessung der Wiederaufbereitungsanlage im Ural ausgesprochen.




Quelle:
20min
Greenpeace

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